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Ingo Wolff
wolff@igfsek2.de

Projekt: Energienutzung und Klima

Konzeption eines methodenorientierten Unterrichts

Einleitung
Projektorientiertes, nach Themen differenziertes Arbeiten in Gruppen
Durchführungsformen
Planung
Themen der Arbeitsgruppen; Hypothesen und Inhalte
Dokumentation wesentlicher Aktivitäten der Gruppen im durchgeführten Projekt
Literatur
        Vortrag
Versuche
        Experiments

 

Einleitung

Die Klimaproblematik ist mittlerweile Bestandteil der neuen Lehrpläne zahlreicher deutscher Bundesländer. Ihre Behandlung bietet Ansätze zu einem fächerübergreifenden und auch projektorientierten Arbeiten. wie es z.B. im "Klimaprojekt" (Morgenstern; Blume. 1996) beschrieben ist. Ziel des hier beschriebenen Projektes ist es, neben einem vertiefenden Erwerb fachlicher Grundlagen in der Biologie, Chemie, Physik, Erdkunde und Informatik in erster Linie methodenorientiert zu lernen, d.h. verschiedene Methoden des Kenntniserwerbs (Hypothesenbildung und -prüfung durch Experimente, Recherchen in Bibliotheken und im Internet, Umfragen und Interviews), der Dokumentation z.B. durch Erstellung eines wissenschaftlichen Manuskriptes oder durch Webseiten, der Mitteilung z.B. durch einen Vortrag und Zwischenberichte und des Austausches (e-mail) anhand der Klimaproblematik kennenzulernen.. Wissen und Erfahrungen führen dann zu begründbaren, umweltorientierten Einstellungen. Schülerinnen und Schüler sind so zunehmend in der Lage sich fachkompetent zu äußern und somit umweltrelevante Aspekte für sich aber auch gesellschaftspolitisch umzusetzen.

Im Projekt werden also mehrere Ziele verfolgt, einmal dass Schülerinnen und Schüler lernen sich spezifisches Wissen anzueignen und sich auch über die Schule hinaus darüber auszutauschen und, dass sie durch die selbst erarbeiteten Erkenntnisse motiviert sind, etwas für eine verantwortungsvolle Nutzung von Energie zu tun.

Projektorientiertes, nach Themen differenziertes Arbeiten in Gruppen

Diese Methode bedeutet wohl für Schülerinnen und Schüler die größte Freiheit schulischen Arbeitens, da die Lehrkraft unmöglich alle Gruppen zur gleichen Zeit betreuen kann. Die Methoden des Arbeitens: das Experimentieren, Recherchieren in Bibliotheken oder im Internet, das Führen von Interviews, Gespräche mit Fachleuten, das Dokumentieren und Vortragen müssen arbeitsteilig mit einem hohen Grad an Selbständigkeit durchgeführt werden. Entscheidend ist dabei, dass Schülerinnen und Schüler über ausreichende fachliche Grundkenntnisse als Basis für das eigenständige Arbeiten verfügen. Dem projektorientierten Unterricht geht also ein differenzierter Fachunterricht voran.

Voraussetzung für einen projektorientierten Unterricht ist eine ausreichende Motivation der Schülerinnen und Schüler. Es müssen Themen sein, die sie selbst berühren, zu deren Lösung sie, wenn auch im kleinen Maßstab, beitragen können. Das Thema "Energienutzung und Klima" bietet sich hier an.

Wichtig ist außerdem, dass Schülerinnen und Schülern auch anhand von Informationsbögen Hilfen zur eigenen Arbeit bekommen, dass die Unterrichtenden mit Ihnen zusammen Arbeitshypothesen entwickeln, die Vorgehensweise, die Arbeitsinhalte, eine zeitliche Planung und die Projektziele durchsprechen. Das ganze kann dann auf einem Informationsbogen zusammengestellt und in die Hände der Schülerinnen und Schüler gegeben werden. Im Folgenden wechseln selbständige Arbeitsphasen und Besprechungsphasen mit der Lehrkraft ab. Dazu sind Zwischenberichte anzufertigen. Da die Schülerinnen und Schüler auch selbständig außerhalb der Schule, in Bibliotheken, städtischen Ämtern, anderen Schulen, Labors, in Parteibüros, bei Umfragen auf der Straße oder auch nur zu Hause am Computer arbeiten, sind kurze Anwesenheits- und Arbeitsprotokolle anzufertigen und der Lehrkraft vorzulegen. Die Bewertung der Gruppenarbeit, die als Einzelleistung im Zeugnis steht, ist Schülerinnen und Schülern transparent zu machen, wobei diese sich auch gegenseitig beurteilen müssen. Der Unterricht ist also offen, aber in einem hohen Maß ergebnisorientiert. Es liegt am Ende immer ein schriftlich dokumentiertes Ergebnis, ausgedruckt und als Datei im Verzeichnis des Schulservers / der Schulcomputer vor. Frei gehaltene kleine Vorträge oder auch Ausstellungen sorgen dafür, dass die Schülerinnen und Schüler der unterschiedlichen Gruppen über Arbeitsabläufe und Ergebnisse der Mitglieder anderer Gruppen informiert sind und einen vergleichbaren Wissensstand erhalten.

Motivierend wirkt sich auch aus, dass die Ergebnisse der Arbeit (immer auch mit Quellenverzeichnis wie Literatur und Webseiten) nach Projektabschluss nicht einfach verschwinden sondern, z.B. als Solaranlage, Ausstellung oder als einsehbare Web-Seiten im Intranet der Schule oder auf deren homepage erhalten bleiben und somit auch durch eMail-Nachfragen weiter Gegenstand einer Diskussion, eines Wissensaustausches oder aber einer kleine Hilfe bei der Erstellung eines Referates durch andere Schüler sein können.

Durchführungsformen

Der Fächerkanon der gymnasialen Oberstufe bietet durch das verbindliche Fach "vertiefender Unterricht" im 11.Jg. und Projektunterricht im 12. bzw. 13. Jahrgang ideale Voraussetzungen für die langfristige projekt- und themenorientierte Gruppenarbeit. Vergleichbare Projekte können aber auch in sogenannten Projektwochen an den Schulen oder im Verlauf von Studienfahrten durchgeführt (Morgenstern, K; Blume, B., 1996) werden .

Planung

Eine komplexe Thematik wie die Klimaproblematik erfordert immer fachliche Grundlage in den einzelnen naturwissenschaftlichen Disziplinen wie auch in den Fächern Erdkunde und Geschichte. Leider gibt es hier nicht immer eine Harmonisierung der Lehrplaninhalte in den verschiedenen Fächern, so dass die Grundlagen auch zeitverschoben zu bearbeiten sind. Im durchgeführten Projekt waren es die Fachinhalte des Physikunterrichtes, die schon ein Jahr vorher behandelt wurden. Es ist demnach frühzeitig zu klären, in welchem Fachunterricht welche Grundlagen bearbeitet werden. Dies erfordert genaue Absprachen und Unterrichtsverteilungen, so dass mindestens ein halbes Jahr vor Projektbeginn mit den Planungen begonnen werden muss. Das Gleiche gilt für die Vorplanung der Austauschphase, da hierzu möglichst andere Schulen angesprochen oder -geschrieben werden müssen. Im Folgenden ist so Projektplanung (Abb1) angegeben:

Planung des Projektes Klimaproblematik

Projektphasen

Vertiefender  Unterricht 

Biologie

Chemie

Physik

Informatik

Erdkunde

Klimazonen und Vegetation

Sonstiges

Projektarbeit in Gruppen
Gruppendynamik: Erarbeiten einer gemeinsamen Vorstellung: "wir sind ..., wir machen ... - wir wollen...,- wir fragen ..." auch auf englisch für den eMail und Internetaustausch.

Planungsphase
Entwicklung eines Arbeitsplans mit Teilaufgaben.

Durchführungsphase
Bearbeitung der Teilprojekte in Gruppen; Recherche in Bibliotheken und im Internet; Experimente planen und durchführen; Bau der Solaranlage unter Anleitung; Entwicklung von Fragebögen, Umfragen; Gespräche mit Fachleuten in Instituten, Schulen und Ämtern. 

Kommunikationsphase
Erstellung von Zwischenberichten deutsch/englisch. Gegenseitiges Vortragen, eMail-Austausch.

Auswertungsphase
Erstellung eines wissenschaftlichen Manuskriptes mit Zusammenfassung deutsch/englisch. Ausarbeitung der Vorträge und Posterwände. Erstellung von Ordnern, Favoriten und Dateien und Webseiten etc. im Computer.

Ergebnisphase
Gegenseitigen Information über die Gruppenergebnisse durch Vorträge.

Ausweitung
Planung des weiteren Vorgehens. Bildung von ausserunterrichtlichen Arbeitsgruppen mit dem Ziel der Umsetzung konkreter Maßnahmen z.B. zur Energieeinsparung.

 

Themen der Arbeitsgruppen; Hypothesen und Inhalte:

  1. Es gibt Fakten, die für eine Klimaänderung sprechen. Naturwissenschaftliche Grundlagen zum Phänomen "Treibhaus". Klimadefinition, Experimente und Ergebnisse naturwissenschaftlicher Untersuchungen. Literaturstudium, Internetrecherche. Entwicklung von Fragen zum Thema an Schülerinnen und Schüler der Partnerschulen. Zwischenbericht, Informationsaustausch, Erstellen eines wissenschaftlichen Manuskriptes und Vortrages, Gestalten einer Webseite.

  2. Es ist unsicher, wie sich Klimaänderungen auswirken werden. Recherche zum Thema. Stichworte: Golfstrom, El Niño, Puffereffekte der Ozeane, Vegetationsänderungen (Forschung Uni Kiel). Experimente und Literaturstudium/Internetrecherche. Entwicklung von Fragen zum Thema an Schülerinnen und Schüler der Partnerschulen. Zwischenbericht Informationsaustausch. Erstellen eines wissenschaftlichen Manuskriptes und Vortrages. Gestalten einer Webseite.

  1. Nutzung von Solarstrom - eine Chance für ein stabiles Klima? Bedeutung des Solarstroms und Anwendungsmöglichkeiten. Funktionsweise von Solarzellen. Installation und Vernetzung einer 1,1 kW-Solaranlage. Programmgesteuerte Auswertung der Energieeinspeisung. Kosten-Nutzen-Analyse. Interviews und Literaturstudium/Internetrecherche. Entwicklung von Fragen zum Thema an Schülerinnen und Schüler der Partnerschulen. Zwischenbericht Informationsaustausch. Erstellen eines wissenschaftlichen Manuskriptes und Vortrages. Gestalten einer Webseite.

  2. Nutzung von Windenergie - eine Chance für ein stabiles Klima?Bedeutung der Windenergie und Anwendungsmöglichkeiten. Nutzung der Windenergie im Stadtteil. Leistung, Kosten-Nutzen-Analyse, Problematik von Windenergieanlagen: Widerstände gegen das Aufstellen, Gewöhnung an bestehende Anlagen, Alternativen bei der Standortwahl. Perspektiven für eine Windenergieanlage auf dem Schulgelände. Interviews und Literaturstudium/Internetrecherche. Entwicklung von Fragen zum Thema an Schülerinnen und Schüler der Partnerschulen. Zwischenbericht. Informationsaustausch. Erstellen eines wissenschaftlichen Manuskriptes und Vortrages. Gestalten einer Webseite.

  3. Energieverschwendung auf dem Schulweg zur Schule Bedeutung des Verkehrs für den Kohlenstoffdioxidgehalt der Atmosphäre. Experimentelle Erkundung. Literaturstudium/Internetrecherche. Auswertung von Veröffentlichungen, Interviews und Umfragen (Schulweg, bevorzugte Verkehrsmittel). Entwicklung von Lösungsstrategien (Fahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel, Steigerung der Aktaktivität des Radfahrens). Entwicklung von Fragen zum Thema an Schülerinnen und Schüler der Partnerschulen. Zwischenbericht. Informationsaustausch. Erstellen eines wissenschaftlichen Manuskriptes und Vortrages. Gestalten einer Webseite.

  4. Energieumsatz in der Schule und Einsparmöglichkeiten: Bedeutung von Gebäuden und Haushalten für die Kohlenstoffdioxidbelastung der Atmosphäre. Berechnungen und Vergleiche. Interviews: Was wurde, was wird zur Energieeinsparung getan, was kann getan werden? Probleme bei der Umsetzung und Lösungswege. Literaturstudium/Internetrecherche. Teilnahme am Wettbewerb "Energiesparen an unseren Schulen" der Investitionsbank Schleswig-Holstein. Eventuell Teilnahme an einem Öko-Audit. Entwicklung von Fragen zum Thema an Schülerinnen und Schüler der Partnerschulen. Zwischenbericht Informationsaustausch. Erstellen eines wissenschaftlichen Manuskriptes und Vortrages. Gestalten einer Webseite.

  1. Wir tragen eine besondere Verantwortung bei der Notwendigkeit Energie einzusparen: Vergleiche zum Energieumsatz Industriestaaten / 3. Welt. Konflikte. Welt-Klima-Konferenz in Rio und Folgekonferenzen. Literaturstudium (Institut für Weltwirtschaft)/Internetrecherche. Interviews und Meinungsumfragen. Entwicklung von Fragen zum Thema an Schülerinnen und Schüler der Partnerschulen. Zwischenbericht. Informationsaustausch. Erstellen eines wissenschaftlichen Manuskriptes und Vortrages. Gestalten einer Webseite.

Dokumentation wesentlicher Aktivitäten der Gruppen im durchgeführten Projekt:

Weiterentwicklung von Versuchen zum Treibhauseffekt und zur Klimaproblematik.

(vergl. Versuche deutsch/englisch)

Bau einer Solaranlage auf dem Schuldach, verbunden mit einer kleinen Ausstellung mit Leistungsdisplay und computergestützter Auswertung. Dokumentation auch durch einen Bericht eines regionalen Fernsehsenders, Vorträge vor Vertretern anderer Schulen sowie städtischer Ämter und Förderkreismitglieder.

Planung einer Windenergieanlage an der Schule unter Einbeziehung städtischer Ämter und Durchführung von Meinungsumfragen. Leserbrief zur aktuellen politischen Diskussion (Begrenzung geförderter Einspeisungsmengen) in einer Zeitung, Brief an den Bundeskanzler. Antworten zum Leserbrief und zum Brief an den Bundeskanzler.

Meinungsumfragen zur Energieverschwendung auf dem Schulweg.

Energierundgang. Beteiligung an ausserschulischen Fortbildungen.

Diskussion mit Vertretern politischer Parteien zum Thema Verantwortung gegenüber der 3. Welt.

Alle weiteren Ergebnisse sowie die naturwissenschaftlichen Manuskripte (incl. Anleitungen zur Erstellung) liegen in Dateiform vor

 

Erfahrungen:

Es hat sich gezeigt, das ein derartiger Unterricht immer eine besondere Eigendynamik besitzt, die auch über die Schule hinaus reicht. Schülerinnen und Schüler suchen, gesichert durch Grundkenntnisse, in kleinen Bereichen ein öffentliches Gespräch, z.B. durch Leserbriefe in der Zeitung, durch Briefe an Politiker oder Ämter, durch Telefonate mit Verwaltungen und Institutionen. Erfreulich ist, dass sie dabei ernst genommen werden. Es ergeben sich häufig Gesprächstermine, in die dann auch die Mitglieder der anderen Gruppen einbezogen werden.

Es muss allerdings gesagt werden, dass in den unterschiedlichen Gruppen die Ergebnisse hinsichtlich der fachlichen Qualität unterschiedlich sind. Auch die Einbindung der Lehrkraft ist in den verschiedenen Gruppen ganz unterschiedlich. Es ist nicht möglich, allen Arbeitsgruppen gleich gerecht zu werden. Die Möglichkeit für Schülerinnen und Schüler, sich einer echten Arbeit zu entziehen, ist groß. Letzteres wird ihnen dann erst am Schluss, nach der Bewertung ihrer Dokumentation und Vorträge klar.

Problematisch ist auch, wie sich gezeigt hat, der Erfahrungsaustausch mit Schülerinnen und Schülern anderer Schulen. Hier sollte keine zu große Erwartungshaltung aufgebaut werden. Wichtiger ist es, sich zu freuen, wenn eine Kommunikation einmal richtig geklappt hat. Auf jeden Fall werden die Beteiligten zunehmend sicher in der Arbeit mit den verschiedenen Programmen des Computers.

Literatur:

Ebel, H.F.; Bliefert, C.: Das naturwissenschaftliche Manuskript. Verlag Chemie, Basel, 1982

Morgenstern, K.; Blume, B.: Klimaprojekt. Unterricht Physik Heft 33, S. 23 -28, 1996

Selye, H.: Vom Traum zur Entdeckung. Econ, Düsseldorf 1965

(c) Bernd Blume 9.3.98

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